ansuess.de

Die unglaubliche Apparatur des Professors

(als Horacio Stamford)

Ausgabe #03 der Aether Gazette Heftromanserie

Heftroman
Erschienen 28. August 2020
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 56
Erhältlich als eBook & Print-Ausgabe

Kurzbeschreibung:

Professor, Professor, Doktor, Doktor Theobald Meiringen stellt seine neue Erfindung auf dem Amt für phantastische Apparaturen vor. Während der Vorführung passieren allerdings ungeheuerliche Dinge, die die Mitarbeiter des Amtes und dann auch den Professor selbst vor ernsthafte Probleme stellen.

Leseprobe

Es zischte und gleich darauf erklang ein kleines Glöckchen. Dies signalisierte Assistenz-Anwärter Muller, dass der Weg der Kaffeebohnen aus der Tiefe des Amtskellers in die kleine Küche auf ihrem Amtsflur beendet war.

Muller war ein Mann, der sich anschickte, sein dreißigstes Lebensjahr zu beginnen. Seine Statur war sportlich und hochgeschlossen.

Sein markantes Kinn gab ihm, das war jetzt schon abzusehen, die Würde eines Amtsrates, auch wenn er gerade einmal ein Assistenz-Anwärter war.

Die Haare hatte er zu beiden Teilen geteilt und mit einer kleinen Handvoll Mama Leonies Haarwachs in Form gebracht.

Als er so vor der Apparatur stand und die Kaffeebohnen beobachtete, dachte er darüber nach, wie präzise diese arbeitete.

Die Bohnen wurden mit Hilfe eines komplizierten Hebewerks direkt in die Maschine zur Herstellung von Amtskaffee geleitet. Dabei hatten sie alle genau die richtige Größe von 1.22 Zentimetern. Mit einem Spielraum von zwei Millimetern.

Bereits bei der Ernte besaßen sie die perfekte Bräune und selbstverständlich waren sie mit dem Vorgabeschein K12/3 kompatibel. Denn nur mit diesem durften sie als amtstauglich bezeichnet werden.

Beflissen eilte er sich, um den Kaffee zu brühen. Eine Tasse für sich und natürlich auch eine für seine Vorgesetzte, Amtsrätin Steinert. Diese besaß das Privileg, später als ihre Mitarbeiter erscheinen zu dürfen.

Sie war sehr angetan davon, bei ihrer Ankunft bereits fertig gebrühten Kaffee in ihrer Amtstasse vorzufinden. Warm und trinktauglich, versteht sich. Das hatte sie ihm sehr deutlich zu verstehen gegeben.

Mit dem Zusatz, dass es sicher nicht zu seinem Schaden sein würde, wenn er auf stete Kaffeezufuhr der Amtsrätin achtete.

Auch, wenn es sich nicht ziemte, war er doch neidisch auf die Bediensteten des Amts für Ætherangelegenheiten.

Diese besaßen, im Gegensatz zu den Beamten des Amts für phantastische Apparaturen, eigens für sie hergestellte Becher. Hier bei ihnen war noch immer das Porzellangeschirr aus der Manufaktur für Beamtete vorherrschend.

Er war sich aber sicher, dass auch hier irgendwann der Fortschritt einziehen würde. Und, wenn man ganz ehrlich war, ging es auch ohne diesen neumodischen Firlefanz.

Gut, die Tassen des AfAs wechselten die Farbe, je nach Temperatur der Innenflüssigkeit. Und auf ihnen war sogar das Kennzeichen des Amts angebracht. Da konnten ihre rosenverzierten Gefäße natürlich nicht mithalten.

Er tröstete sich damit, dass der Kaffee aus ihren Tassen sicher besser schmecken würde, als der in den Metalltassen des AfAs. Oder sagen wir: Er redete es sich ein.

Und außerdem beschäftigten sie sich hier im AfpA mit wesentlich aufregenderen Dingen, als die im AfA. Hier herrschte Leben und es gab immer etwas Neues zu entdecken.

Allein ihre Kaffeemaschine, eine Erfindung eines Hobbybastlers aus Dresden, war ein Wunderwerk der Technik. Das hatten die im anderen Amt schon mal nicht. Muller wusste nicht einmal, wie dort der Kaffee zubereitet wurde.

Sicherlich noch auf die altmodische Art und Weise, mit Filtern und Bohnen, die vorher zermahlen werden mussten.

Mit diesen Handgeräten, bei der man eine Kurbel bewegte und eine Menge Kraft aufwenden musste, um aus Bohnen gemahlenes Kaffeepulver herzustellen.

Der Tüftler aus Dresden hatte seine Maschine im Amt vorgestellt und geschickt verstand es Amtsrätin Steinert, ihm die Erlaubnis zur Inbetriebnahme zu verweigern. Mehr noch, hatte sie das Gerät kurzerhand beschlagnahmt.

Und jetzt leistete die Maschine hier ihren Dienst. Und das sogar sehr gut. Man musste sich nur vorsehen, sich nicht an ihr zu verbrennen.

Muller bewunderte die Amtsrätin und hoffte, eines Tages auch Amtsrat zu sein. Der Weg dahin führte vom Stand des Assistenz-Anwärters über den des Amtsanwärters, des Amtsbediensteten, des Amtsoberbediensteten und des Amtsleiters bis eben zum Amtsrat oder der Amtsrätin.

Die Stufe Unterbeamter hatte er seit genau zwei Jahren, vier Monaten, drei Tagen und 21 Stunden verlassen.

Es würde noch viele Jahre dauern, aber Muller hatte Ehrgeiz und war sich keiner Beamtenaufgabe zu schade.

Jetzt musste er sich aber auf den Kaffee konzentrieren.

Er griff nach einer Tasse, stellte sie auf einen Unterteller und beides dann in die vorgesehene Mulde der Maschine.

Dann drehte er an einem Rädchen an der Seite und zog den Schalthebel. Jetzt hieß es, sich rasch zu entfernen.

Denn, das hatte Assistenz-Anwärter Gleichau herausgefunden, der Dampf, der sich bei der Benutzung der Apparatur entwickelte, war sehr heiß.

Gleichau war danach in ein Spital gekommen und erholte sich noch immer von seinen schweren Verbrennungen. Aller Voraussicht nach, würde er auch nicht mehr ins Amt zurückkehren.

Muller hatte aus dem Fehler Gleichaus gelernt und, mal ganz ehrlich: Besser Gleichau als er.

Der Assistenz-Anwärter schloss die extra für diesen Zweck entwickelte Luft- und Ætherdichte Tür, setzte sich die Schutzmaske für die Ohren auf und sah durch das Guckloch.

Die Maschine begann zu arbeiten. Aus einer großen Glaskugel fielen eine genau abgestimmte Anzahl Kaffeebohnen in einen Einfüllstutzen und wurden von dort durch ein Schlauchgebilde in das Mahlwerk transportiert.

Die Bohnen wurden übrigens extra aus Costa Rica importiert. Denn, dass wusste man in Kennerkreisen, diese wiesen eine ganz besondere Güte auf.

Der gesamte Vorgang wurde durch die allseits bekannte Weise »Muss i denn zum Städtele hinaus« begleitet. Erkennbar war das aber nur, wenn man die Gebrauchsanleitung gelesen hatte. Wirklich hören konnte man das kleine Glockenspiel nicht.

Nach oben scrollen