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Mein Beitrag zum Autoren-Adventskalender 2022

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Die Motzmaus feiert Weihnachten


Gutgelaunt machte Postbote Piepsmann seine Runde. Er stapfte munter durch den Schnee und steckte den Mäusen Briefe ein, übergab Päckchen und freute sich, wenn auch einmal eine Maus ihm einen Keks oder ein Stückchen Schokolade überreichte. Und das kam oft vor.

    »Vielen Dank«, sagte er dann immer artig und aß die Leckerei meist sofort auf.

    Ja, er hatte einen schönen Beruf. Er war viel an der frischen Luft, traf andere Mäuse und es machte ihm auch nichts aus, wenn er durch tiefen Schnee stapfen musste, so wie heute zum Beispiel.

    Regen allerdings war nicht so schön. Er hatte zwar einen tollen, knallgelben Regenmantel, der ihn vor der Nässe schützte, aber er musste sehr aufpassen, dass die Briefe und Päckchen nicht nass wurden. Denn das mochten die Mäuse nicht. Es war ja auch nicht schön, einen Brief zu bekommen, bei dem vielleicht die Tinte durch den Regen aufgeweicht worden wäre und man ihn nicht mehr lesen konnte.

    Aus diesem Grund hatte er immer einen Regenschirm dabei, den er jedes Mal aufspannte, wenn er die Post überreichte.

    Und er mochte noch etwas nicht: Briefe an Frau Motzmaus zu übergeben.

    Postbote Piepsmann war immer sehr erleichtert, wenn er beim Überprüfen feststellte, dass er keine Sendung für Frau Motzmaus dabei hatte.

    Heute aber war ein Brief dabei. Und es war ein Hochoffizieller, denn er kam von der Stadtverwaltung. Alle Mausstadtbewohner bekamen einen.
Denn die Stadtverwaltung hatte beschlossen, in diesem Jahr am Wettbewerb für die schönste Weihnachtsstadt teilzunehmen. Und deswegen sollten alle Bewohner etwas Weihnachtliches an ihren Häusern oder in den Fenstern anbringen. Zur Belohnung sollte es dann ein großes Weihnachtsfest geben. Und alle durften kostenlos daran teilnehmen.

    Herr Piepsmann seufzte. Er konnte sich schon vorstellen, dass Frau Motzmaus keine Freude an dieser, eigentlich schönen, Idee der Stadtverwaltung haben würde.

    Also hob er sich diesen Brief bis zum Schluss auf. Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende, hatte er gedacht.

    Nun also war nur noch dieser eine Brief übrig. Postbote Piepsmann lenkte seine Schritte, die immer langsamer wurden, auf das Haus der Motzmaus zu. Als er schließlich davor stand und gerade den Brief einwerfen wollte, fiel ihm auf, dass es ein Einschreiben war.

    Auch das noch. Ein Einschreiben bedeutet, dass er den Brief persönlich abgeben und sich auch noch den Erhalt vom Empfänger quittieren lassen musste.

    Frau Motzmaus war auch die Einzige, die diesen Brief per Einschreiben bekam und Herr Piepsmann konnte sich auch denken, warum. Wahrscheinlich würde sie sonst sagen, sie hätte den Brief nicht erhalten. Das hatte sie schon oft getan. Und auch, wenn er schwören konnte, dass er den Brief in ihren Briefkasten geworfen hatte, beweisen konnte er es nicht.

    Postbote Piepsmann räusperte sich, überprüfte noch einmal den korrekten Sitz seiner Amtskleidung, sprach sich selbst Mut zu und klingelte dann an der Tür.

    Eine ganze Weile passierte nichts, also klingelte er noch einmal. Als auch diesmal nichts geschah, klopfte er zaghaft an die Tür.

    »Gehen sie weg, es ist niemand zu Hause«, ertönte eine gedämpfte Stimme.

    »Frau Motzmaus. Hier ist Postbote Piepsmann. Machen sie bitte auf, ich habe ein Einschreiben für sie«, sagte der Postbote, denn wie konnte jemand nicht zu Hause sein und trotzdem antworten? Das war ein schlechter Trick.

    »Werfen sie das in den Briefkasten«, bekam er zur Antwort.

    »Das geht nicht«, erwiderte Herr Piepsmann. »Ich muss ihnen dieses Schreiben persönlich übergeben und sie müssen unterschreiben.«

    »Unterschreiben sie doch und werfen den Brief dann weg«, gab es als Antwort.

    »Aber Frau Motzmaus. Das wäre ja Urkundenfälschung. Das darf ich nicht machen. Bitte, machen sie die Tür auf, damit ich ihnen den Brief übergeben kann. Dann bin ich auch sofort wieder weg.«. Der Postbote klang schon etwas verzweifelt.

    »Ich will dieses Einschreiben nicht. Ich nehme es nicht an.«

    »Dann wird die Stadtverwaltung aber böse, wenn sie ihr Haus nicht …«, sagte der Postbote und hielt sich schnell den Mund zu. Aber es war schon zu spät.

    »Haben sie etwa meinen Brief gelesen?«

    Herr Piepsmann schüttelte den Kopf. Dann fiel ihm auf, dass ihn Frau Motzmann gar nicht sehen konnte. Also sagte er schnell: »Natürlich nicht, Frau Motzmaus.«

    »Woher wissen sie dann, was drin steht?«, fragte die dumpfe Stimme.

    »Weil jeder in der Stadt einen Brief von der Stadtverwaltung bekommt«, antwortete der Postbote.

    »Jeder?«

    »Ja.«

    »Sie auch?«

    »Ja, natürlich bekomme ich auch einen. Den bringt mir meine Kollegin.«

    »Bekommen die auch alle ein Einschreiben?«

    Herr Piepsmann begann zu schwitzen. Was sollte er denn nun antworten? Er konnte doch nicht lügen. Also versuchte er es mit einer Umschreibung.

    »Nein … nur besondere Mäuse bekommen ein Einschreiben, Frau Motzmaus.«

    Es blieb still. Gerade wollte Postbote Piepsmann wieder etwas sagen, da vernahm er das Geräusch eines klappernden Schlüsselbundes. Die Tür wurde aufgeschlossen und dann geöffnet.

    Eine Mäusefrau steckte ihre Schnauze durch den Türspalt und schnupperte. Dann schob sie sich ganz durch den Spalt und sah den Postboten mürrisch an.

    Dieser lächelte trotzdem und sagte: »Guten Tag Frau Motzmaus. Ich habe hier ein Einschreiben für sie. Wenn sie bitte den Erhalt quittieren würden.«

    Frau Motzmaus verzog den Mund, nahm Herrn Piepsmann den Stift aus der Hand und setzte ihre Unterschrift auf ein Blatt Papier, welches er ihr hinhielt.

    »Vielen Dank. Und hier, ihr Brief. Haben sie noch einen schön…« Er bemerkte den finsteren Blick, den sie ihm zuwarf. »Haben sie noch einen … Tag«, verbesserte er sich daraufhin und verschwand, so schnell es ging.

    Die Motzmaus schlurfte zurück in ihr Haus, knallte die Tür zu und besah sich den Brief.

    »Hm«, machte sie dann und riss ihn auf. Sie nahm den Brief aus dem Umschlag, faltete ihn auseinander und begann zu lesen. Dann schüttelte sie den Kopf und rief laut: »So eine Frechheit.«

    Sie eilte zu ihrem Telefon, welches im Flur stand und wollte gerade ihre beste Freundin anrufen, um ihr von dem Brief zu erzählen, da fiel ihr ein, dass sie ja gar keine beste Freundin hatte. Sie hatte nicht einmal eine einfache Freundin.

    ›Dann eben nicht‹, dachte sie. Sie ging in ihre Stube und setzte sie sich in den Sessel. Dann las sie den Brief noch einmal:

    Sehr geehrte Frau Motzmaus.

    Die Stadtverwaltung hat beschlossen, in diesem Jahr am Wettbewerb zur schönsten Weihnachtsstadt teilzunehmen. Dazu sind alle Mäusebürger aufgerufen, sich daran zu beteiligen. Sicher haben auch Sie den ein oder anderen Weihnachtsschmuck, den Sie sich an ihr Haus hängen oder in ihr Fenster stellen können. Sei es eine Lichterkette, eine Kerze oder ein Tannenbaum. Wenn nicht, können Sie sich bei der Stadtverwaltung kostenlos eine Beschmückung ausleihen.

    Als Belohnung für ihre Mühen, möchten wir nach dem Wettbewerb, egal ob wir einen Preis gewinnen oder nicht, ein kleines Fest feiern, an dem Sie kostenlos teilnehmen können. Dieses wird am ersten Weihnachtstag gefeiert werden.

    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Stadtverwaltung

    PS: Es wäre schön, wenn auch Sie sich diesmal beteiligen würden, Frau Motzmaus.

    Die Motzmaus war wütend und las noch ein drittes Mal den Brief. ›Pah!‹, dachte sie. ›Die schönste Weihnachtsstadt. Sollten doch die anderen ihre Häuser schmücken.‹

    Sie mochte diesen ganzen Firlefanz nicht. Der Heiligabend war ein Tag, wie jeder andere. Und sie war froh, wenn es wieder vorbei war. Also zerknüllte sie den Brief und warf ihn in den Papierkorb.

    Zwei Wochen vergingen, in denen die Bewohner der Stadt sich sehr ins Zeug legten und ihre Häuser schmückten. Manche mehr, manche weniger. Gerade so, wie jeder konnte. Doch immer, wenn die Mäuse an den Häusern der anderen vorbeigingen, dann sagten sie »Ah.«, und »Oh.«

    Und alle freuten sich gemeinsam. Nur, wenn sie zum Haus der Motzmaus kamen, dann schüttelten sie ihre Köpfe und wanden sich schnell ab.

    Die Motzmaus hatte dem Treiben der anderen Mäuse durch ihre Fenster zugesehen. ›Pah!‹, dachte sie dann. ›Sieh sich das einer an. Sie schmücken und schmücken und freuen sich. Pah. Wer braucht so etwas schon.‹

    Eines Nachmittags, die Motzmaus hatte sich gerade eine Pilzsuppe gekocht, da hörte sie leise Stimmen vor ihrem Haus. Sie fragte sich, wer denn sie denn jetzt belästigen könnte? Postbote Piepsmann konnte es nicht sein, denn der kam ja immer nur am Morgen.

    Sie ging zur Tür, legte ihr Ohr an das Holz und lauschte. Ja, es waren eindeutig Stimmen. Sie konnte allerdings nicht verstehen, was sie sagten.

    ›Was mache ich denn jetzt?‹, fragte sie sich. ›Vielleicht sind das Einbrecher und wollen mich überfallen? Na, denen werde ich es zeigen.‹

    Sie ging schnell in die Küche und holte eine Pfanne aus ihrem Schrank hervor. Dann schlich sie zurück zur Tür, drehte leise den Schlüssel im Schloss herum, wartete eine Sekunde und riß die Tür auf. Die Bratpfanne hatte sie hoch erhoben und war bereit, diese dem oder den Einbrechern auf den Kopf zu hauen.

    Doch zu ihrem Erstaunen standen zwei kleine Mäusekinder in ihrem Vorgarten, die gerade dabei waren, einem Schneemann eine Mohrrübe in das Gesicht zu stecken. Die beiden erschraken furchtbar, als sie die Motzmaus mit erhobener Bratpfanne erblickten.

    »Oh«, sagte die Motzmaus und ihr fiel sofort die Bratpfanne in ihrer Hand ein, die sie schnell sinken ließ. »Ich dachte, ihr seid Einbrecher.«

    »Wir sind keine Eisbrecher«, sagte das eine Kind, es war ein Mädchen.

    »Wir sind Schneemannbauer«, fügte das andere hinzu. Ein Junge.

    »In meinem Garten? Wer hat euch erlaubt, in meinem Garten einen Schneemann zu bauen?«, wollte die Motzmaus wissen.

    »Du hast so viel Schnee. Die anderen Häuser haben nicht mehr so viel, weil die alle geschmückt sind«, antwortete das kleine Mädchen.

    »Wisst ihr nicht, wer ich bin?«, fragte Frau Motzmaus.

    »Nein. Wer bist du denn?«, fragte der Junge zurück.

    »Ich bin Frau Motzmaus«, antwortete die Motzmaus.

    Die Kinder sahen sie an und dann grinste der Junge. »Das ist aber ein komischer Name. Motzt du viel?«, fragte er.

    Die Motzmaus war überrascht. Diese Frage hatte ihr noch niemand gestellt. Und sie überlegte. »Naja …«, sagte sie und wusste nicht recht, wie sie die Frage beantworten sollte.

    »Ich bin Jan und das ist meine Schwester, Silvia.«

    Das Mädchen hob ihre Hände vor das Gesicht und pustete sie an. Da erst fiel der Motzmaus auf, dass die Kinder weder Handschuhe noch einen Mantel anhatten. »Ist euch kalt?«, fragte sie.

    »Ja, sehr«, antwortete Silvia.

    »Aber das geht schon. Wenn wir den Schneemann fertig haben, dann gehen wir zurück in unsere Höhle auf dem Feld. Da ist es etwas wärmer.«

    »Eure Höhle? Wohnt ihr nicht in einem Haus?«

    »Nein«, erwiderte Jan und pustete auch in seine Hände.

    »Wo sind denn eure Eltern?«, wollte die Motzmaus wissen und Silvia standen auf einmal die Tränen in den Augen.

    »Unsere Mama und unser Papa sind im Himmel«, antwortete sie.

    »Oh«, sagte die Motzmaus und die Kinder taten ihr leid. »Aber wer kümmert sich denn dann um euch?«

    »Tante Mauli kommt immer mal wieder und guckt nach uns.«

    »Tante Mauli?«, fragte die Motzmaus nach.

    »Sie ist eigentlich nicht unsere richtige Tante. Sie ist nämlich ein Maulwurf und kam eines Tages plötzlich in unsere Höhle geplumpst.«, sagte Jan. »Sie hatte sich vergraben und kam durch die Decke gekracht. Das sah ulkig aus.«

    Die Motzmaus bemerkte, dass die Kinder angefangen hatten, zu zittern. »Wollt … wollt ihr vielleicht … reinkommen? Und euch aufwärmen?«, stotterte sie, denn noch nie hatte sie Besuch gehabt. Sie wusste gar nicht, was man da machen sollte.

    Die Kinder nickten und gingen an der Motzmaus vorbei. »Geht in die Stube. Da habe ich ein Feuer an. Da könnt ihr euch wärmen«, sagte sie und schloss die Tür.

    Sie folgte den Kindern in ihre Stube. Die beiden saßen am Kamin, kuschelten sich eng aneinander und wärmten sich. Unschlüssig stand sie da und sah die Kinder an.

    »Habt ihr vielleicht Hunger?«, fragte sie. »Ich habe Pilzsuppe gekocht.«

    »Auja«, sagten beide wie aus einem Mund.

    »Ja, dann … hole ich euch einen Teller.«, sagte die Motzmaus und ging in die Küche. Sie öffnete den Schrank und holte zwei Teller hervor. Diese waren voller Staub, denn da sie nie Besuch bekam, brauchte sie die ganzen Teller nie hervorholen. Genau so war es auch mit den Löffeln. Schnell wusch sie Teller und Besteck ab, füllte sie dann mit der dampfenden Pilzsuppe und brachte sie den Kindern.

    »Hier. Vorsicht. Heiß«, sagte sie und setzte sich wieder in den Sessel.

    Die Kinder machten sich über die Suppe her und hatte sie in Windeseile verschlungen. »Noch einen Teller?«, fragte Frau Motzmaus und wunderte sich, dass es in ihr so warm war.

    Die Kinder hielten ihr die Teller hin und sie holte den beiden Nachschlag.

    Während die Kinder die zweite Portion Suppe aßen, kochte die Motzmaus einen Tee. Natürlich waren auch die Tassen voller Staub und sie nahm sich vor, in der nächsten Zeit all ihr Geschirr abzuwaschen.

    Als die Kinder den Tee tranken, klingelte es plötzlich an der Tür. ›Was ist denn heute nur los?‹, fragte sich Frau Motzmaus, stand auf und ging zur Tür. Als sie diese öffnete, stand Herr Apfelmus vor ihr, der oberste Stadtrat.

    »Ja bitte?«, fragte die Motzmaus verwundert.

    »Guten Tag, Frau Motzmaus. Ich wollte ihnen nur persönlich danken, dass sie sich in diesem Jahr entschlossen haben, bei unserer Weihnachtsschmückaktion teilzunehmen. Wir freuen uns wirklich sehr darüber.«

    »Weihnachtsschmückaktion? Ich?«

    »Ja, sie. Auch, wenn es nur ein Schneemann ist. Es ist ja die Geste, die zählt. Wirklich, im Namen der Stadtverwaltung bedanke ich mich bei ihnen und freue mich darauf, sie auf unserem Weihnachtsfest begrüßen zu können.«

    Als Herr Apfelmus den verwirrten Blick der Motzmaus bemerkte, fragte er nach: »Sie kommen doch?«

    In diesem Moment kamen die beiden Kinder in den Flur. »Ein Fest?«, fragte Silvia und strahlte. »Gehen wir da hin, Tante Motzi?«

    »Haha, aber natürlich könnt ihr mitgehen«, antwortete Herr Apfelmus lachend. »Ich bin sicher, eure Tante geht da gern mit euch hin.«

    Die Motzmaus war immer noch verwirrt und sagte nur: »Ja, ja scheinbar.«

    Jetzt war es an Herrn Apfelmus, verwirrt zu sein. »Nun, wie auch immer. Bis zum Fest dann also. Auf wiedersehen.«

    Als die Motzmaus die Tür wieder geschlossen hatte, sah sie die Kinder an. »War das schlimm, dass ich dich Tante Motzi genannt habe?«, fragte Silvia.

    »Nein. Nein, nein. Das ist schon okay so«, antwortete Frau Motzmaus.

    »Danke für die Suppe und das Aufwärmen«, sagte Jan. »Wir gehen dann nach Hause. Wann ist denn das Fest? Damit wir dich rechtzeitig wieder besuchen kommen.«

    »Am ersten Weihnachtstag«, antwortete die Motzmaus.

    »Das ist ja schon Über-Übermorgen«, sagte Silvia und freute sich.

    Die Kinder gingen auf die Tür zu. Doch da hielt sie Frau Motzmaus zurück: »Wartet mal. Ihr könnt doch jetzt nicht in eure Höhle zurückgehen. Ihr seid doch ganz allein.«

    »Aber da ist doch Tante Mauli«, erwiderte Jan, doch die Motzmaus schüttelte den Kopf.

    »Nein, nein. Das geht überhaupt nicht. Ihr bleibt jetzt erst einmal hier.«

    »Hier? Bei dir?«, fragte Silvia und ihre Augen leuchteten.

    Kurz überlegte die Motzmaus, doch antwortete sie bestimmt: »Jawohl. Hier, bei mir. Ich muss allerdings … ich muss einkaufen … ich habe doch gar nichts hier im Haus.« Und schnell zog sie sich ihre Jacke und Stiefel an, band sich einen langen Schal um und ging aus dem Haus.

    Dann eilte sie in das Hauswaren Geschäft von Frau Schmalzkuchen. »Guten Tag, Frau Schmalzkuchen«, sagte sie.

    Die Verkäuferin war sehr verwirrt. Noch nie hatte ihr die Motzmaus einen guten Tag gewünscht. »Guten … Tag?«, erwiderte sie fragend. »Das Übliche? Ein Brot und eine Portion Pilze?«

    »Nein, Frau Schmalzkuchen, heute nicht. Sie müssen mir helfen. Ich möchte gern Weihnachten feiern, ich bin doch jetzt Tante, das verstehen sie wahrscheinlich nicht, aber ich weiß nicht, was man so braucht, um Weihnachten zu feiern, ich muss aber feiern … nein, ich will feiern, ich bin jetzt Tante, ha, ich bin eine Tante, und … was brauch ich denn da so alles?«, sprudelte es aus der Motzmaus hervor.

    Frau Schmalzkuchen verstand kein Wort, sagte aber: »Naja, also zu Weihnachten gehört zunächst einmal ein Tannenbaum.«

    »Bitte einpacken«, erwiderte die Motzmaus.

    »Und Kekse und Kerzen und …«

    »Ja, ja genau. Packen sie bitte alles ein, was ich brauche«, unterbrach sie die Motzmaus.

    Eine Stunde später standen ein Weihnachtsbaum und mehrere, große Pakete im Laden.

    »Das braucht man alles für Weihnachten?«, fragte Frau Motzmaus.

    »Naja, sie wollten ja nun auch wirklich alles haben«, antwortete Frau Schmalzkuchen. »Soll ich es ihnen liefern?«

    »Ja, das wäre wohl am besten. Das kann ich ja gar nicht alles tragen.« Und dann fiel der Blick der Motzmaus auf den geschmückten Weihnachtsbaum im Laden, unter dem einige Geschenke lagen.

    Geschenke. Natürlich. An Weihnachten gab es ja auch Geschenke.

    »Frau Schmalzkuchen, ich brauche auch zwei Geschenke«, sagte die Motzmaus.

    »Ja, für wen sollen die denn sein?«, fragte die Ladenbesitzerin zurück.

    »Für einen Jungen und ein Mädchen. Ich bin doch jetzt Tante«, antwortete die Motzmaus.

    »Ja, Frau Motzmaus. Das haben sie mir bestimmt jetzt schon hundert Mal erzählt«, erwiderte Frau Schmalzkuchen und lächelte.

    Frau Motzmaus lächelte zurück. Zumindest versuchte sie es.

    Einige Zeit später stand die Motzmaus in ihrem Haus und betrachtete die fünf großen Pakete, die in ihrem Flur standen. Die beiden Geschenke für die Kinder hatte sie allerdings in ihrer Abstellkammer versteckt.

    Die Kinder halfen der Motzmaus natürlich, nicht nur den Weihnachtsbaum aufzustellen und zu dekorieren, sondern auch das ganze Haus festlich zu schmücken.

    Als es dann Abend wurde, ließ sie die Kinder in ihrem Bett schlafen und legte sich selbst auf die Couch.

    Als die Kinder eingeschlafen waren, sprang sie allerdings wieder auf, denn sie hatte heute Nacht noch viel vor. Doch vorher legte sie noch schnell die Geschenke unter den Baum.

    Am nächsten Morgen duftete es im ganzen Haus der Motzmaus nach Keksen und heißem Kakao. Die Kinder kamen herbei und es wurde zunächst einmal gefrühstückt. Die Eierkuchen war zwar etwas verbrannt und der Kakao eine ganze Spur zu süß, aber für das erste Mal Kochen, fand Frau Motzmaus, war es gar nicht so schlecht.

    Dann klopfte es an der Tür. Es war Tante Mauli, denn die Motzmaus war in der Nacht auf das Feld gelaufen und hatte die Maulwürfin zum Frühstück eingeladen.

    Und dann durften die Kinder die Geschenke aufmachen. Für Silvia gab es einen großen Schaukelelefanten und Jan bekam eine Holzeisenbahn.

    Die Kinder freuten sich sehr, aber Silvia wurde plötzlich ganz traurig.

    »Was hast du denn?«, fragte Frau Motzmaus. »Gefällt dir der Elefant nicht?«

    »Doch, sehr, Tante Motzi. Aber wir haben gar kein Geschenk für dich«, antwortete das Mäusemädchen.

    »Oh, aber ja doch, ihr habt mir etwas sehr wertvolles geschenkt«, antwortete Frau Motzmaus daraufhin und lächelte. Diesmal gelang es ihr. Sie hatte ja auch die halbe Nacht vor dem Spiegel geübt. »Ich hab doch jetzt euch.« Und dann drückte sie die beiden Kinder an sich, die nie wieder in ihre Höhle zurück mussten.

Ende

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